Bei den Symptomen, die auf ein Erschöpfungssyndrom hindeuten können, muss stets beachtet werden, dass für eine krankhafte Ausprägung vor allem die zeitliche Komponente eine entscheidende Rolle spielt. Die Leitlinie „Müdigkeit” der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) weist in ihrer Definition darauf hin, dass das Hauptsymptom der Müdigkeit eine subjektive Empfindung ist, die jeder Mensch individuell verschieden handhabt. Als valides Symptom für ein chronisches Erschöpfungssyndrom sei hier insbesondere die zeitliche Ausprägung der Beschwerden von mehr als sechs Monaten zu beachten.
Die Fatigue Coalition USA hat einen Symptomkatalog für ein tumorbedingtes Erschöpfungssyndrom erarbeitet, der zum Teil auch auf chronische Vorerkrankungen übertragen werden kann. Demnach liegen Symptome für ein Erschöpfungssyndrom vor, wenn mindestens sechs der Kriterien aus Kategorie A täglich in Zwei-Wochen-Perioden andauernd anhalten und eines dieser Symptome starke Müdigkeit (A1) ist:
Das Robert Koch-Institut bezieht sich beim chronischen Erschöpfungssyndrom auf einen Symptomkatalog der International Chronic Fatigue Study Group, der auf Grundlage von Studien aus 21 Ländern basiert. Beschwerden, die auf ein chronisches Erschöpfungssyndrom hinweisen, sind demnach:
Zu beachten sei hierbei, dass ein durch Krebs verursachtes Erschöpfungssyndrom auch nach der Krebstherapie bestehen bleiben und sich zu einem chronischen Erschöpfungssyndrom entwickeln kann. Die Abgrenzung der beiden Symptomkataloge ist deshalb fließend.
In Deutschland gibt es bis dato keine anerkannte Kategorisierung für Schweregrade eines Fatigue-Syndroms oder eines chronischen Erschöpfungssyndroms. Allerdings wird für die Diagnosestellung häufig eine Einstufung nach den Internationalen Konsenskriterien herangezogen:
Leichte Ausprägung: Das Aktivitätsniveau des Betroffenen ist um etwa 50 Prozent verringert. Aufgaben im Berufsleben und im Alltag können noch selbstständig übernommen werden, wenn auch mit erheblichem zeitlichen Aufwand und unter starker Anstrengung.
Moderate Ausprägung: Die alltäglichen Erledigungen fallen schwer und fordern die ganze Kraft des Betroffenen. Mehr als zwei Stunden tagsüber müssen für Ruhe- und Schlafpausen eingeplant werden. Das Berufsleben leidet erheblich, weil das Verlassen der Wohnung zum wahren Kraftakt wird.
Schwere Ausprägung: Der Betroffene verlässt sein Bett nur noch für kleinste Erledigungen. Ein Alltag ist nicht mehr möglich, weil sowohl körperliche als auch seelische Anstrengung nicht mehr zu bewältigen sind.
Sehr schwere Ausprägung: Der Alltag ist nur noch mit Hilfe möglich. Das Bett wird nicht mehr verlassen, kleinste Tätigkeiten, wie Zähneputzen, Waschen, zur Toilette gehen, sind kaum noch realisierbar. In diesem Zustand ist in vielen Fällen ein Rollstuhl notwendig.
Sabrina Mandel