Das chronische Erschöpfungssyndrom, medizinisch als Chronic Fatigue Syndrome, kurz CFS, bezeichnet, ist ein Zustand, der sich durch eine Vielzahl unterschiedlicher Symptome und das Zusammenspiel dieser auszeichnet. Der Begriff des Erschöpfungssyndroms charakterisiert bereits die klarste Auswirkung dieser Erkrankung, nämlich einen Erschöpfungszustand, der das Leben des Betroffenen über mehr als sechs Monate erheblich einschränkt.
Zu unterscheiden sind das chronische Erschöpfungssyndrom (CFS) als eigenständige Erkrankung mit unklarer Ursache und das Fatigue-Syndrom als Begleiterscheinung einer meist chronischen oder psychischen Primärerkrankung. Die Symptome sind sehr ähnlich, allerdings sind bei einem Fatigue-Syndrom Veränderungen im Lebensstil möglich, die die Symptome lindern können. Der Begriff „Fatigue” stammt aus dem Französischen und bedeutet „Müdigkeit”.
Das chronische Erschöpfungssyndrom ist medizinisch umstritten und nicht einheitlich definiert. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) katalogisiert das Krankheitsbild unter dem Begriff der myalgischen Enzephalomyelitis in die Kategorie der Erkrankungen des Nervensystems unter ICD 10 GM G 93.3. Bis heute konnte allerdings nicht erforscht werden, was das chronische Erschöpfungssyndrom auslöst. Entsprechend ist die Kategorisierung als Erkrankung des Nervensystems nicht eindeutig valide.
Die Leitlinie „Müdigkeit” der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) benennt das Erschöpfungssyndrom als äußerst seltenes und umstrittenes Krankheitsbild und ist mit seiner Einschätzung und Definition im wissenschaftlichen Diskurs in die Kritik geraten. Obwohl die Leitlinie eine Art Kriterienkatalog für die Diagnose von CFS bereitstellt, wird von Kritikern insbesondere die Einstufung des Erschöpfungssyndroms als Steigerungsform extremer Müdigkeit kritisiert.
Die Kriterien, die für die Diagnose eines chronischen Erschöpfungssyndroms heranzuziehen sind, können variieren. Erstmals international definiert wurde das CFS in den Fakuda-Kriterien aus dem Jahr 1994, die 2011 durch die sogenannten Kanada-Kriterien präzisiert wurden. Die DEGAM-Leitlinie bedient sich bei ihrer Definition für das chronische Erschöpfungssyndrom aus einer Kombination dieser Kanada-Kriterien und einer Einstufung des britischen National Institute for Health and Care Excellence, kurz NICE. Auch ein weiter gefasster Kriterienkatalog des US-amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention wird oftmals zur Diagnose herangezogen.
All diese Definitionen führen als Hauptsymptom für das chronische Erschöpfungssyndrom als erstes und stärkstes Symptom eine anhaltende Erschöpfung an, die sich durch eine lähmende Müdigkeit auszeichnet und nicht durch normale Erholungs- und Schlafphasen neutralisiert werden kann. Der Grad der Erschöpfung ist dermaßen weitreichend und lebensbeeinträchtigend, dass sich die Leistungsfähigkeit des Betroffenen um mehr als 50 Prozent reduziert. Dieser Zustand besteht über mehr als sechs Monate.
Je nach Definitionskatalog kommen zu diesem Hauptsymptom weitere Beschwerden hinzu. Häufig wird als Beginn der Erkrankung eine Virusinfektion oder ein Infekt angeführt, z. B. Pfeiffersches Drüsenfieber. Während des Krankheitsverlaufs als „normales” Symptom anerkannt, bleibt die andauernde Müdigkeit und Erschöpfung auch nach dem Infekt bestehen und geht schleichend in ein chronisches Erschöpfungssyndrom über.
Weitere ergänzende Beschwerden sind Schlafstörungen und Schlafphasen, die nicht zur Erholung beitragen sowie Gedächtnis- und starke Konzentrationsprobleme, teilweise mit Zuständen der Verwirrtheit, Orientierungslosigkeit und Wortfindungsstörungen. Häufig kommen Kopfschmerzen bis hin zur Migräne hinzu. Weiterhin als Symptom beschrieben sind Myalgien und Arthralgien, also Muskel- und Gelenkschmerzen, die sich diffus über den gesamten Körper ausbreiten.
Ausgleichstätigkeiten, wie z. B. Spazieren gehen oder leichte sportliche Betätigungen, die normalerweise das Wohlbefinden fördern, bewirken bei einem chronischen Erschöpfungssyndrom das Gegenteil und erhöhen das Ausmaß der Erschöpfung. Nach fordernder körperlicher Anstrengung dauert der Erschöpfungszustand bei einem chronischen Erschöpfungssyndrom meist für mehr als 24 Stunden an. Dies macht den Hauptunterschied zum Fatigue-Syndrom als Symptom einer Primärerkrankung aus, wo bestimmte Tagesstrukturen, Ruhepausen und leichte sportliche Aktivitäten meist eine Erleichterung und Linderung der Symptome für den Patienten darstellen können.
Entscheidend für die Diagnose des CFS ist, dass all diese Symptome auch Begleiterscheinungen anderer Primärerkrankungen sein können. Bereits in den Fakuda-Kriterien wurde deshalb darauf verwiesen, dass eine Ausschlussdiagnose vorliegen muss. Andere Erkrankungen wie z. B. Herzkrankheiten, Leberschäden, eine Fibromyalgie oder eine Schilddrüsenunterfunktion müssen ausgeschlossen werden können, um die Diagnose des CFS valide stellen zu können.
Sabrina Mandel